Das ostfriesische Krabbenschwarzbrot
Die menschliche Sprache verweigert sich manchenfalls energisch einer richtigen Nomenklatur und verwendet konsequent und unbelehrbar wissenschaftlich nicht haltbare Begriffe. Paradebeispiel dafür ist die so genannte Krabbe, die eigentlich gar nicht zum Essen gedacht ist. Gemeint ist nämlich biologisch die Garnele, von denen es etliche verschiedene Arten und Ausprägungen gibt. Z.B. die recht teuren Black Tiger, die eben auch zu den Garnelen zählen. Wir widmen uns hier den Nordseegarnelen, deren kleinere Exemplare man schon im Priel der Nordseeinseln aufstören kann, wenn man durch die Priele watet und die fast durchsichtigen Garnelen in alle Richtungen auseinanderstieben und sich in sicherer Entfernung sofort wieder in den Sand eingraben.
Die Nordseegarnele wird immer noch von den Krabbenfischern (sic!) aus der Nordsee geholt, meist aber aus tieferen Gewässern, wo sie auch größer werden – die Weibchen bis zu 9 cm lang. Nordseegarnelen tauchen ab und an bei den Fischhändlern an der Waterkant auch als Granat auf. Den Namen verdienen aber erst die gekochten Garnelen, deren Fleisch sich beim Kochen rötlich färbt. Denn eigentlich sind sie, s.o., durchsichtig farblos.
Sollte man die Gelegenheit erhalten frische Garnelen zu bekommen, sollte man aber aus zwei Gründen besser Abstand davon nehmen. Erstens verderben Garnelen recht schnell. Aber der Hauptgrund ist: man muss sie noch kochen. Dabei entwickeln sie einen Geruch, den man wohl den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen wird. Ich erinnere mich an einen Haushalt auf einer westfriesischen Insel, wo frische Garnelen gekocht wurden – die ganze Straße roch nach gekochten Garnelen.
Also gekocht als Granat kaufen und puhlen. Also den Kopf in die Hand, den Hinterleib in die andere und dann vorsichtig so gegeneinander drehen, dass der Panzer hinter dem ersten Glied am Kopf bricht. Den Kopf vorsichtig abziehen und mit kurzem seitlichen Druck auf das Schwanzende den fleischigen Körper herausdrücken. 1 kg Granat ergibt etwa 400 bis 500 g Garnelenfleisch (Krabbenfleisch).
Die Nordseegarnele hat es 2017 sogar in die Schlagzeilen gebracht, als sie so selten wurden, dass die Preise explodierten. Während der Kabeljau seine Leibspeise goutierte, garantierte Gosch schon nicht mehr für den Krabbenpreis (sprich: Garnelenpreis). Im Jahr 2018 zahlten wir dann wieder etwa 12 € fürs Kilo, während 100g gepulte Krabben 6 bis 7 € kosteten. Übrigens werden die Garnelen nicht mehr in Heimarbeit gepult, sondern zu diesem Zweck nach Marokko und andere Länder verfrachtet. Eine ökologisch wie logistische Absurdität, deren Urheber wohl wieder in der Mesalliance von Bürokratie und Kapitalismus zu suchen ist.
Was man nun mit den gepulten Garnelen macht? Verwendungsmöglichkeiten gibt es viele, Krabbensuppe (sic!), Krabbensoße oder eben das (nach dem Puhlen) mit wenigem Aufwand herzustellende Krabbenschwarzbrot. Man bestreicht einfach eine Scheibe Schwarzbrot (möglichst ohne weitere Zutaten wie Sonnenblumenkerne) mit Butter, verteilt die Krabben, also Garnelen darauf, brät die benötigte Menge an Spiegeleiern, von denen jedes auf eines der Krabbenbrote kommt. Dann kann man schon zum Verzehrt schreiten – am besten mit einem kühlen Pils als begleitendes Getränk.
Extrem lecker, aber gegen die Variante mit einem Spiegelei habe ich mich schon immer gewehrt. Bei uns normal auf Brot und mit Butter oder auch Mayonaise.
Mit Mayonnaise kann ich mir das auch gut vorstellen. Das Spiegelei ist allerdings bei uns so eine Art Familientradition.