Rotkraut? Kannte ich als Kind vornehmlich als Konserve, genauer aus dem Glas. Geschnittenes Kraut, das lila verblasste; von der Konsistenz her sehr weich mit eher eintönigem Geschmack, der irgendwie nicht, aber dann doch wieder zur Farbe passte – daran erinnere ich mich. Im Herbst gab es Kastaniengemüse (Keschte auf pfälzisch) dazu. Leichter Kohlgeschmack ohne viel Säure, so die Summe meiner Erinnerung. Oder wie unsere Tochter später urteilte: Rotes Sauerkraut, aber ohne sauer zu sein. An diesem Urteil änderte sie auch nichts, als ich dann in der Küche einen Rotkohl selbst verarbeitete.
Da das Rot-/Blaukraut bei uns hier in der Rheinebene tief lila ist mit einer Abschattung ins Schwarze, wird wohl der Erdboden eher ph-neutral sein: möglicherweise hängt es auch von der Sorte ab. Ich möchte hier zwei Rezepte vorstellen, einmal einen Rotkrautsalat und dann ein Rezept für Rotkrautgemüse, das ich vor vielen Jahren vom Bodensee mitbrachte und das von Bertold Siber stammt, der 2004 sein Seehotel in Konstanz aufgab.
Das Rotkraut – Vorbereitungen
Dass es zwei Rezepte sind ist leicht zu erklären: So ein Rotkohl ist eine ziemlich große Angelegenheit – und so kann ich daraus einige opulente Mahlzeiten kreieren.
Fangen wir mit dem Rotkrautgemüse an. Wobei: Der erste Schritt ist ja eigentlich immer derselbe. Das Rotkraut wird halbiert, dann geviertelt. Hier kommt je nach Umfang des Kopfes das größte Fleischmesser zum vorsichtigen Einsatz. Dann schneide ich die weißen Strünke schräg heraus. Jetzt wird es Ernst: Der Kohlkopf muss geschnitten werden. Hierfür gibt es, je nach Küchenausstattung mehrere Optionen. Mit dem Messer? Klar, dann werden die Streifen etwas unregelmäßig, was kein Nachteil sein muss. Wer einen Krauthobel sein eigen nennt, kann ihn auch darüber schneiden (Krauthobel sind allerdings meistens starr, die Breite des geschnittenen Kohls ist dann sozusagen vordefiniert). Ich habe es mir sehr einfach gemacht und den Kohlkopf in der Schneidemaschine geschnitten – 4-5 mm für das Gemüse und 2-3 mm für den Salat. Denn der Salat wird nicht blanchiert, sondern roh angemacht. Aber eins nach dem anderen.
Rotkrautgemüse nach Bertold Siber
Zutaten
Ein halber Rotkohl
Ein halber Liter halbtrockener Spätburgunder
5 Esslöffel Rotweinessig
Zwei Esslöffel Rohrzucker
Ein Esslöffel Salz
3 Lorbeerblätter, 4-5 Nelken
Eine rote Ziebel und Gänseschmalz/Butter zum Anbraten
Rotwein- oder Johannisbeer-Gelee
Etwas Sonnenblumenöl
Kommen wir zu Bereitung unseres Rotkraut-Gemüses. Das geschnittene Rotkraut eines halben Kopfes versetze ich mit einem halben Liter Spätburgunder – der Wein sollte nicht zu herb sein, ein guter halbtrockener Spätburgunder aus Pfalz, Baden oder Württemberg ist da genau richtig. Dazu kommen noch 4-5 Esslöffel Rotweinessig, zwei Esslöffel Zucker und ein Esslöffel Salz, 2-3 Lorbeerblätter und 4-5 Nelken. Das Ganze lasse ich über Nacht marinieren. Am nächsten Tag nehme ich eine rote Zwiebel (passt von der Farbe her), die gehackt in Butter (das Originalrezept verwendet Gänseschmalz) angedünstet wird. Dann kommt das Rotkraut mit der Marinade in den Topf. Ich gebe noch etwas Weingelee dazu (das haben wir aus unseren eigenen Rotweintrauben eingekocht, das Originalrezept verwendet Johannisbeerengelee – hier würde ich schwarze Johannesbeeren nehmen). Zuletzt noch 4-5 frische Feigen und das Ganze kocht dann etwa 1,5 Stunden leise vor sich hin. Das Rotkraut schmeckt wunderbar süß-säuerlich, sehr ausgewogen – aber doch kräftig. Eben nicht wie rotes Sauerkraut. Da ich das Rezept zum ausgehenden Winter hin kochte, hatte ich keine frischen Feigen zur Hand: Ich nahm getrocknete und kochte sie kurz in dem restlichen Rotwein auf.
Das Rotkrautgemüse schmeckt wunderbar leicht süß-säuerlich und hat nach 1,5 Stunden die ideale Konsistenz, nicht verkocht aber auch nicht mehr fest. Angebratene Semmelknödel passen sehr gut dazu – selbstverständlich sind auch die Knödel selbst gemacht. Wie alle Gerichte mit einfachen Zutaten sind sie leider ziemlich aufwändig in der Herstellung. Nichts für die schnelle Küche.
Mein Rotkrautsalat
Zutaten
Ein halber Rotkohl
Je 5 Esslöffel Rotweinessig und Spätburgunder, ein Esslöffel Zucker
3 Lorbeerblätter, 4-5 Nelken
Eine Handvoll ungeschwefelte Biodatteln
Eine Handvoll Walnüsse, Butter und Rohrzucker
Salz und schwarzer Pfeffer
Zwei fein geschnittene Echalotten
Sonnenblumenöl, Sesamöl, Kürbiskernöl (nach Belieben)
Das Rotkraut zum Salat schneide ich dünner, es wird roh verarbeitet. Der Larousse gastronomique empfiehlt, die geschnittenen Blätter in kochendem Rotwein zu blanchieren und trägt damit den Bedürfnissen von Menschen mit eher empfindlichen Verdauungsorganen Rechnung – aber auch dieses Standardwerk der anspruchsvollen Küche kennt die rohe Version. Das Rotkraut wird wieder mit Lorbeerblättern, Nelken, etwas Rotwein, Rotweinessig und Sonnenblumen-Öl angemacht und gut durchgewalkt. Das Kraut muss unter den Händen etwas von der Körperwärme aufnehmen. Dann lasse ich es ebenfalls über Nacht stehen. Am nächsten Tag salze ich das Kraut einige Stunden vor dem Essen, schmecke mit Essig und Öl ab (wenn nötig) und gebe klein geschnittene getrocknete Datteln dazu. Etwas Kürbiskernöl oder Sesamöl gibt dem Salat einen nussigen Geschmack. Zuletzt kandiere ich eine Handvoll Walnüsse in Butter und Zucker und gebe sie auf den Salat. Voilá.
Das Rotkraut wird mit mehreren Echalotten geschnitten und mit Zucker, Spätburgunder und Rotweinessig durchgewalkt und über Nacht am besten im Keller in eine abgedeckten Schüssel zum Marinieren abgestellt.